Gleichstellung und familienfreundliche Arbeitsmodelle sind Themen, die seit Jahrzehnten mit Frauen und ihrem Kampf um gleiche Chancen im Berufsleben verbunden werden. Durch den Druck auf Wirtschaft und Politik sind für Frauen in den letzten Jahren etliche Möglichkeiten entstanden, wie Familie und Beruf vereinbart werden können.

Nicht nur der Umstand, dass sich immer mehr Paare später kennen lernen oder jüngere Paare eine Familie bewusst erst nach erfolgter Karriere planen,  hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Karriere- und Familienplanung, sondern auch die Tatsache, dass Männer heute eher mit einer neuen, teils jüngeren Partnerin eine sogenannte Zweitfamilie gründen. Nicht selten gebären gut ausgebildete Frauen im Alter von vierzig Jahren ihr erstes Kind. Da Männer in der Regel etwas älter sind als ihre Partnerinnen ist es nicht ungewöhnlich, dass die Väter bei der Geburt ihres Kindes bereits über fünfzig Jahre alt sind.

Gleichzeitig wird der Arbeitsmarkt für Arbeitnehmende über 50 immer schwieriger. 

Er erfordert noch mehr Flexibilität im Bezug auf ein neues Berufsfeld oder den Verlust der angestammten Position und der damit verbundenen Bereitschaft zur Lohnreduktion. Nur wenige der jungen Väter 50+ können sich kreative Gedanken zu einer möglichen Neupositionierung oder den Schritt in die Selbstständigkeit leisten.

Trotz der beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern lastet der gesellschaftliche Druck der finanziellen Hauptverantwortung für die Familie noch immer auf den Männern. Für sie bedeutet dies, so lange wie möglich gleiche Leistung zu gleichbleibendem Lohn zu erbringen. Und zwar so lange, bis der Nachwuchs auf eigenen Füssen steht. Für diese Väter ist arbeiten bis siebzig kein Wunschdenken, sondern eine schiere Notwendigkeit.

Die Wirtschaft ist noch immer auf die sogenannten Golden-Ager eingestellt. 

Die Veränderung der Arbeits- und Lohnsituation in den letzten Berufsjahren fällt nicht so sehr ins Gewicht: Das Haus oder die Wohnung ist soweit wie möglich abbezahlt und die Kinder sind längst aus dem Haus und brauchen die Eltern nicht mehr als finanzielle Rückendeckung.

Die jungen Väter 50+ werden in dieser Denkstruktur völlig vergessen. Natürlich kann man argumentieren, dass die meist jüngeren Partnerinnen ebenfalls arbeiten, aber auch sie sind mit 50+ denselben Arbeitsmarktbedingungen unterworfen.

Obwohl der Wandel des Arbeitsmarktes noch in seinen Anfängen ist, habe ich das Gefühl, dass das Thema «junge Väter» 50+ von den Unternehmen bewusst ignoriert wird. Nach Job- oder Positionsverlust fühlen sich diese Männer oft hilflos und verschliessen sich. 

Nach erfolgreicher Karriere in die Situation eines Bitstellers zu geraten, nur um den eigenen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen zu können, war im Drehbuch der späten Familienplanung nicht vorgesehen.

Es wird Zeit, dass Klischees auf Seiten von Frauen und Männer abgebaut werden und wir die Augen dafür öffnen, wie sich unsere Gesellschaft entwickelt und welche Problem für Eltern aller Generationen entstehen. 

Petra Rohner